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Die Spieler beim Handballtraining verbessern

Im Schnitt wendet jeder Handballspieler 480 Minuten pro Tag für die Arbeit oder die Schule auf. Zusätzlich schaut er im Durchschnitt 242 Minuten pro Tag TV.
Erschreckend: Wir Trainer haben nur 180-270 Minuten pro Woche Zeit unsere Spieler besser zu machen. Das ist weniger Zeit, als wir pro Tag am Handy verbringen.
Nach dem Lesen der 5 Gründe bist du in der Lage ein paar Dinge an deinem Handballtraining zu verändern und das Maximum aus deinen Spielern herauszuholen.

Koordination

Koordinationstraining ist wie der Reifensatz für deinen Mercedes SLK. Als Spieler kannst du richtig viel Potenzial, Kraft und Motivation unter der Haube haben – wenn du deine Pferdestärken nicht steuern und umsetzen kannst, wirst du nie Erfolg haben.

Ich sehe so viele Jugendliche die Bäume ausreißen und richtig gute Wurfgiraffen werden könnten – und leider motorisch und koordinativ einfach richtig große Mängel aufweisen.

Das sind immer die Jungs die als erstes in die Halle kommen und optisch erstmal Angst einjagen, bis man feststellt – hey, der ist aber langsam auf den Füßen.

Ich wette: Vor jede Grundübung kann eine koordinative Aufgabe gestellt werden.

Streut bitte in euer Training koordinative Aspekte hinein und achtet darauf, dass es nicht die gleichen sind, sondern variiert die koordinativen Anforderungen an die Spieler. Nur so “bieten” wir Trainer als Dienstleister den Spielern die Möglichkeit sich zu entwickeln.

Dabei ist es wichtig, nicht nur “Koordinationsleiter durchlaufen und mit den Armen xyz” zu machen. Das Koordinationshorizont ist noch viel mehr als das, die wichtigsten Zutaten für ein Training mit Koordination dazu habe ich euch hier zusammengefasst.

Also nutzt euer Wissen, kombiniert verschiedene Arten der Koordinationsanforderungen miteinander. Lasst die Spieler auf dem Rücken liegend starten, statt aus dem Stand, seitwärts statt vorwärts Laufen oder vor dem 1:1 eine kurze Vorwärtsrolle machen (das würde die Orientierungsfähigkeit verbessern)

Die Spieler wirklich fordern

Um die Einstellung der Jungs und Mädels zum Beginn der Zusammenarbeit zu testen habe ich folgende Technik:

Ich bitte die Spieler sich zu strecken. So weit wie sie können.

Das machen die meisten dann auch. Hoch die Arme. Bisschen rumblödeln. Lachen. Hui der Trainer ist neu, ich gucke dabei ernst.

Sobald die Spieler fertig sind, sage ich ihnen : Und jetzt hebt die Arme noch höher als gerade.
Siehe da, die Spieler, stolz wie Oskar, kommen wirklich nochmal höher. Auf diese Reaktion freue ich mich jedes Mal wie ein kleines Kind, denn was jetzt folgt ist:

Habe ich euch nicht beim ersten Mal gesagt ihr sollt die Arme so hoch strecken wie ihr könnt? Wieso konntet ihr das beim zweiten Mal noch höher?

Dieser Dialog mit der Mannschaft zeigt zwei Sachen. Die Bequemlichkeit der Menschen: Ich mache die Aufgaben gut, aber ich gehe nicht an die Leistungsgrenze. Und die Aufgabe der Trainer: Die Menschen an die Leistungsgrenze bringen.

Krass formuliert: Überfordert eure Spieler und erinnert sie immer daran, dass die Übungen nicht für dich, sondern für sie selber gemacht werden. Oft ruhen sich die talentiertesten auf ihrem Privileg aus und da muss man gegenlenken.

Das kann nicht nur verbal geschehen, wenn ich sehe, dass ein Spieler keine Probleme hat, baue ich Zusatzübungen für ihn ein.

Unterforderte Leute einfach mit schwimmen zu lassen ist ein Bumerang der wiederkommt – sie konzentrieren sich nicht, lenken andere Spieler vielleicht ab und verletzen sich durch eine Unkonzentriertheit. Dann leidet die gesamte Mannschaft.

Jeder Spieler sollte da abgeholt werden wo er sich befindet. Und wenn wir mit Überfliegern arbeiten, haben wir immer die Möglichkeit Sie zu erden und vor Aufgaben zu stellen, die nicht mal gerade eben gelöst werden. Spieler die schon mit 2 Bällen parallel prellen können, gebe ich gerne einen dritten in die Hand.

An dieser Stelle möchte ich kurz erwähnen: Das klappt nicht bei einem Hobbykader. Eine Mannschaft die ihre Qualitäten nur verwalten möchte, braucht auch keinen Trainer der Fortschritt will.

Technik

Jetzt habe ich erklärt, dass wir unserem Mercedes SLK einen Reifensatz geben müssen um überhaupt fahren zu können. Aber wir wollen beim Handball nicht nur geradeaus, nein, wir sind dynamisch und machen Wackler, Überzieher oder antizipative Pässe in den freien Raum.

Technik ist deshalb wichtig und sollte bis zum Erbrechen geübt werden. Dabei starten wir mit einer Grundübung, wo die Technik isoliert trainiert wird. Anschließend steigern wir das ganze zum Grundspiel oder schalten weitere Aspekte hinzu.

Hier die empfohlenen Anteile der Trainingsinhalte in einem 90 minütigen Handballtraining:
•13 – 14 Jahre –> 40% Technik, 10% Kraft, 40% Kleingruppentaktik, 10% Mannschaftstaktik
•15 – 16 Jahre –> je 25% Technik, Kraft, Kleingruppentaktik, Mannschaftstaktik
•17 – 18 Jahre –> 40 % Mannschaftstaktik, 40% Kraft, 10% Technik, 10% Kleingruppentaktik

Quelle: ITK Leipzig – Handballtrainerkurs

Der Zeitpunkt um einen neuen Anreiz zu setzen ist erreicht, wenn die Technik perfekt ausgeführt wird, bitte erst dann einen neuen Belastungsreiz setzen.
Also ist es nicht sinnvoll, einen Überzieher mit 3 Pässen vorher zu üben, wenn weder der Pass 100% sitzt, noch der Überzieher geübt werden soll.
Ich versuche etwa 20 % der Trainingszeit nur auf Technikschulung zu legen. Dieser Anteil nimmt je älter Spieler sind ab und macht dennoch einen wichtigen Teil aus.

Doch wo fängt eurer Meinung nach Technik an? Passen und Werfen? Überzieher und Wackler? Stemmwurf und Hüftwurf? Lauf-ABC?

Ich weiß nur, dass sich viele koordinative Aspekte auch positiv auf das Techniktraining auswirken.

Ich gehe bei der Technikschulung folgender Maßen vor:
1.Passen
2.Fangen
3.Werfen
4.Wackler
5.Überzieher
6.Sprungwurf
7.Wurfvarianten

Diese Reihenfolge muss bei mir schlüssig sein. Das heißt, wenn ein Spieler keinen Ball fangen kann, wird auch kein Sprungwurf geübt, bis das Fangen beherrscht wird.

In welcher Reihenfolge trainiert ihr Technik?

Je älter die Spieler werden, desto besser ausdifferenziert sollte die Technik sein, da mit der Zeit und Spielklasse die Kraftaspekte in den Vordergrund rücken. Die Kraft muss entsprechend umgesetzt werden können.

Praxis

Im Breitensport können wir uns die Spieler nicht aussuchen (Punkt).

Ich habe mal eine Mannschaft übernommen, davon waren 6 Leute gut, 3 Überragend und 2 liefen nur mit. Sie waren in der C Jugend und damit im goldenen Lernalter.

Die Frage war vor dem Saisonstart:

Wie ermögliche ich den 2 Überfliegern einen kontinuierlichen Fortschritt, obgleich sie eine Klasse zu tief spielen, wenn ich gleichzeitig 9 weitere entwickeln muss. Damals gab es noch kein Vereinsübergreifendes Doppelspielrecht.

Jetzt verrate ich aber, wie ich es geschafft habe, dass alle 11 Kinder am Ball geblieben sind und sich 8 überproportional entwickelt haben.
Viele Trainer machen den Fehler und stellen die nicht so gut ausgebildeten Spieler auf die Außenposition. Das ist leider sehr kurzfristig gedacht.

Auf der Außenposition hat man in der Jugend den schlechtesten Wurfwinkel, man kriegt am seltensten den Ball und das Spiel ist “eindimensional” – die Spieler können nur in eine Richtung passen und haben wenig Platz.

Das macht den Spielern 1. keinen Spaß 2. verhindert Fortschritt und 3. kommt jedem Taktikfuchs gerade Recht.
Wann immer es möglich war, die 3 Überflieger auf der woanders als im Rückraum spielen zu lassen, wurde das getan.

Konsequenz: Mehr Druck für die guten und nicht so guten Spieler. Aber auch mehr Chancen auf Erfolgserlebnisse.

Ich gebe zu, das erste Spiel war eine Katastrophe, wir verloren einen 6 Tore Vorsprung in der ersten Spielhälfte. Und auch das zweite und dritte Spiel war eher schlecht als Recht. Die Eltern merkten bereits an, was ich da machen würde, etc.
Aber dann geschah etwas wundervolles:

  • Es war nicht mehr “uncool” Außen zu spielen
  • Der Gegner konnte nicht mehr die Halben bzw. Mittelspieler doppeln und die Außen stehen lassen
  • Es wurde zur Gewohnheit für alle Spieler auch mal im Rückraum zu spielen

Diese Gewohnheit führte dazu, dass es kein Stress mehr war im Rückraum zu spielen. Plötzlich wurden Trainingsinhalte abgerufen und alle hatten ihre Erfolgserlebnisse.

Es war auch endlich keine “Strafe” mehr, auf Außen zu spielen. Ich konnte so freier Durchwechseln und hatte keinen Bruch mehr im Spiel, wenn die Leistungsträger ausgewechselt werden mussten. Alle wurden zu Leistungsträgern.

Es fielen generell mehr Tore, weil die Mannschaft nicht mehr einfach auszurechnen war und somit wurde das Prinzip “Spielerlebnis vor Spielergebnis” auch gut umgesetzt.
Wir wurden zwar knapp nicht Meister, doch der Trainer in mir ist sehr Stolz gewesen diesen Jahrgang zu übergeben.

Lob und Tadel Verhältnis

Ich arbeite in letzter Zeit wirklich sehr an mir als Trainer. Es ist so einfach zu Verbessern und Vorschläge zu machen. Spieler sind oft wie Knetmasse und beliebig formbar – um so schwerer ist es sich wirklich nur auf eine Sache zu konzentrieren.

Folgende Methode

  1. Trainingsziel setzten
  2. Auf das Trainingsziel fokussieren
  3. Viel positive Energie

Auf eine Korrektur müssen 7-9 Versuche des Spielers kommen, es richtig umzusetzen. Leider ohne Kommentar meinerseits. Erst dann, hat das Gehirn hinreichend Zeit gehabt, meinen Input zu verarbeiten.

Positiver Nebeneffekt: Die Kinder sind motiviert und können sich über die Fortschritte freuen. Während dieser Phase lobe ich nur die Fortschritte und warte genügend Durchgänge ab, um erneut Tipps zu geben.

Kraft +1

Kraft ist für mich erst ab der B Jugend wichtig, wenn die Abwehr defensiv steht und meine Spieler nicht mehr mit einer guten Technik weiterkommen.

Es bringt dann leider wirklich nichts mehr, einen technisch einwandfreien Unterarmwurf zu können, der unterwegs verhungert. Natürlich kann da mit Ende der C Jugendzeit bereits dran gearbeitet werden, ist aber niemals mein Hauptziel.

Der Vorteil von Kraft ist, dass 1:1 Aktionen relativ einfach gewonnen werden können, der Handballtorwart keine Zeit hat auf den Wurf zu reagieren, und man dem Gegenspieler auch physisch Etwas entgegenstellen kann.

Ich habe aber auch schon Gegen “kräftigere” Gegner verloren, die technisch nichts drauf hatten, außer durchzumarschieren.
Diesen Preis zahle ich als Trainer dann aber gerne, da ich aus Sicht der Jugendförderung mit technisch gutausgebildeten Spielern meinem Verein mehr Diene als mit Baumschubsern.

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