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Interview mit Eduardo Gallardo

Richtig cool!

Eduardo Gallardo, der charismatische Trainer der argentinischen Nationalmannschaft hat viel vor und einige Tipps für uns parat
Eduardo Gallardo, der charismatische Trainer der argentinischen Nationalmannschaft hat viel vor und einige Tipps für uns parat

Daddy, Trainer der Handball – Nationalmannschaft von Argentinien, hat sich bereit erklärt einigen kniffligen Fragen Rede und Antwort zu stehen. Rausgekommen ist ein Interview aus dem ich persönlich viel mitnehmen konnte. Daddy verrät uns:

 

  • 3 wichtige Tipps wie du ein guter Handballtrainer wirst
  • Wie die Arbeit mit Profis ist und wie er sie motiviert
  • Wie Handball in einem Entwicklungsland aussieht
  • Der Weg zum Nationaltrainer und wie es jeder Trainer mit Glück und viel Arbeit schaffen kann

 

Hallo Daddy, stell dich doch bitte unseren Lesern vor.

 

Hallo Christian. Mein Name ist Eduardo „Daddy“ Gallardo, ich bin Trainer der argentinischen Nationalmannschaft und ebenfalls Jugendkoordinator des männlichen Handballbereiches in Argentinien. Außerdem bin ich sportlicher Leiter von River Plate und eigentlich gelernter Sportlehrer.

 

Herzlichen Glückwunsch zur Zulassung der olympischen Spiele. Wie bewertest du die vergangenen Spiele?

 

Schon die olympischen Spiele in London waren ein unglaubliches Erlebnis, was noch viel Größer ist, als ich mir zu träumen gewagt hätte. Es war ein riesen Traum der argentinischen Nationalmannschaft dabei zu sein. Auch mit den positiven Auswirkungen, die so ein Event mit sich bringt. Wir wollen diese Erfahrung nun kapitalisieren und die Fehler der Vergangenheit im nächsten Turnier vermeiden.

 

Daddy, wie wird man eigentlich Nationaltrainer – kannst du uns deinen persönlichen Weg schildern?

 

Meine Trainertätigkeit habe ich mit 18 Jahren begonnen, als ich gerade mein Sportlehrerstudium begonnen hatte. Natürlich habe ich selber auch Handball gespielt (bei River Plate). Meine erste Station war ein Handballkindergarten, was damals total neu in Argentinien war. Da habe ich sehr viel Erfahrung gesammelt. Vom Handballkindergarten ging es dann in die D, C und B Jugend.

 

 

Mit 25 habe ich meine aktive Handballkarriere beendet und mich nur noch auf den Handball konzentriert. Ich war von 1995 – 2005 Trainer der ersten Mannschaft von River Plate und sammelte Erfahrung im Herrenbereich. Gegen Ende der letzten Saison wurde ich gefragt ob ich nicht ein Jugendteam der Nationalmannschaft trainieren möchte. Natürlich hatte ich Lust und habe mich deshalb für die B Jugend entschieden. In Bahrein belegten wir auf der Jugendweltmeisterschaft direkt den vierten Platz. Ein Jahr später wurde ich gebeten, die Herrennationalmannschaft zu übernehmen.

Was machst du in deiner Freizeit, wenn du mal nicht mit Handball zu tun hast?

Da nutze ich es aus mit meiner Familie zu reisen oder auszugehen oder treffe mich mit Freunden in Buenos Aires.

Im Gegensatz zum Handball in Brasilien, ist der Handball in Argentinien amateurhaft. Dennoch konnte Argentinien spielerisch gegen die professionellen Spieler aus Brasilien in der Vergangenheit auftrumpfen oder Siege erringen. Wie ist das möglich?

Ich denke es war die Arbeit mit dem Jahrgang aus 2006 nach vorne. Wir arbeiten wie Profis, auch wenn wir keine sind. Wir haben anfangs sehr viel an der Technik gearbeitet und später an den körperlichen Komponenten. Aber das wichtigste war: Wir haben wirklich alles in die Waagschale geworfen um unsere Ziele zu erreichen. Das musste auch erst noch gelernt werden und ich denke, dass ist der Grund wieso wir gleich oder manchmal sogar besser als Brasilien auf international Turnieren abschließen konnten. Obwohl Handball dort gut bezahlt wird.

Wie setzt sich die Gruppe denn zusammen?

Die meisten spielen in der Femeball, der Hauptstadtliga in Argentinien (das ist möglich, da in Buenos Aires 20 Mio Einwohner leben). Wir haben einen Spieler aus dem Inland, Augustin Vidal. Gerade auf Grund des Amateurstatus in Argentinien, ist es sehr schwer Spieler außerhalb von Femeball zu finden und an die Nationalmannschaft heranzuführen. Die Spieler kommen aus SAG Ballester, River, Sedalo, U.N.L.U.

Hast du spezielle, geheime Rituale vor den Spielen?

Nein, nix besonderes. Wir haben einen festen Ablauf, den wir abspulen. Was wir machen ist die Spieler zu motivieren. Dazu nutzen wir Filme oder Sprüche oder Videos vor der taktischen Besprechung.

Und was zeichnet die argentinische Nationalmannschaft besonders aus?

Grundsätzlich ist das die Mentalität würde ich sagen. Wir glauben daran, dass nichts unmöglich ist. Wir spielen immer auf Sieg und wollen jeden schlagen. Klar können wir das individuelle Potenzial nicht außen vor lassen, aber seit 2008 ist einfach ein mentaler Wechsel zu spüren, was mit Resultaten mit Katar, Schweden und der zweiten olympischen Teilnahme belegbar ist.

,,Mit der richtigen Einstellung gewinnen wir”

Beeindruckend war, dass die argentinische Nationalmannschaft vor ein paar Jahren gegen die Deutsche in der regulären Spielzeit Unentschieden gespielt hat. Was denkst du Daddy, war beim David gegen Goliath ausschlaggebend?

Ach, es sind einfach besondere Spieler, die alles geben. Vorher war es eine Wundertüte gegen Argentinien zu spielen, heute werden wir auf Grund jüngster Resultate auch wieder ernst genommen. Mit der richtigen Einstellung gewinnen wir.

Du sagst, der Handball in Argentinien ist amateurhaft. Habt ihr denn ein Jugendkonzept mit denen dieser Erfolg gezielt wiederholt werden kann?

Ja wir konzentrieren uns darauf, die technischen, taktischen und gruppentaktische Fähigkeiten der Spieler zu verbessern. Da der Argentinier an sich nicht wie der Europäer ist, damit beziehe ich mich auf die Körpergröße, ist auch die Physis ein wichtiger Punkt. Seit wir letzteres durch gezielte Arbeit mit Professor Garson angegangen sind, können wir die Lücke langsam schließen.

Was ist deine persönliche Trainingsphilosophie als Handballtrainer?

Meine Philosophie und des Trainerstabes ist es den Spieler zu überzeugen. Der Spieler muss überzeugt davon sein, dass er seine das macht, was er machen soll, weil er es will, nicht weil er es muss. Außerdem ist Teamregeln sehr wichtig, an die sich jeder halten muss. Ja doch, seit 2008 spielen wir mehr als Team zusammen und nicht mehr so individuell mit Extraregeln. Das klappt gut.

Was sind die drei wichtigsten Dinge, die du Handballtrainern an die Hand geben würdest?

Was ich anderen Trainern sagen kann ist, dass Sie Leidenschaft empfinden müssen. Es ist unerheblich ob man bessere oder schlechte Trainingsbedingungen hat, es ist auch wirklich egal wie viel ihr an Aufwandentschädigung bekommt. Macht die Dinge aber bitte mit Leidenschaft und Begeisterung. Macht Trainerfortbildungen und seid dann zur Stelle, wenn man euch braucht. Und klar, meine Philosophie – Respekt vor den Spielern und auf Augenhöhe überzeugen. Ja, Leidenschaft, Bildung, Vorbereitung und Respekt und Ordnung, mit den Stützpfeilern hat man Erfolg.

Und wie motivierst du deine Spieler?

Die Profis sind schon motiviert Teil der Gladiatoren zu sein, der argentinischen Nationalmannschaft. Das ist das wichtigste. Wir nutzen Vorgespräche, Ansprachen und Videos, die wir in den passenden Momenten einspielen. Dafür musst du die Truppe aber gut kennen. Dann weißt du als Trainer auch, wann diese Elemente den Kick geben und wirklich gut wirken.

Was sind die Ziele für die olympischen Spiele?

Wir wollen bis dato die verletzten Spieler zurückholen (Simonet , PSG, hatte einen Kreuzbandriss). Wir haben eine schwere Gruppe, aber ich denke wir können das schaffen.

 

 

Und wie sieht es mit der Weltmeisterschaft 2017 aus?

Wir werden da hoffentlich alle gesund sein und versuchen das Level von Katar zu erreichen. Das heißt, wir wollen das Achtelfinale erreichen. Und mindestens ein weiteres Spiel. Das wäre der nächste Meilenstein für den Handball in Argentinien.

Wo siehst du den entscheidenden Unterschied zwischen Vereinshandball und dem Handball auf Bundesebene?

Du trainierst VIP Spieler auf einem sehr hohen Niveau. Das Spielen im Ausland gibt den Spielern sehr viel Erfahrung und Qualität mit. Die Nationalmannschaft hat deshalb eine sehr interessante Mischung. Der Sport hier ist einfach amateurhaft, aber es wird gewissenhaft gearbeitet. Es läuft halt wie in vielen argentinischen Sportarten – die Nationalmannschaft läuft relativ gut, während die Struktur im Land selbst schlecht ist. Aber auch da wird es langsam besser in Argentinien.

Wie sind die Trainingsbedingungen in Argentinien?

Da hat die Konföderation in letzter Zeit ganze Arbeit geleistet. Wir haben nun einen guten Trainingsort, auch wenn es noch nicht das ideale ist. Wir trainieren im Cenar, einem Leistungszentrum für Nationalmannschaften und wir teilen uns die Halle mit der argentinischen Volleyballmannschaft. Jetzt benötigen wir noch ein paar Trainingsutensilien mehr. Naja, es ist immer noch ein großer Schritt zu den Handballnationen.

Handball in Südamerika hat ganz andere Maßstäbe als in Europa

Und wie scoutet ihr Talente für die Nationalkader? Das Land ist ja 6 Mal so lang wie Deutschland und hat nur halb so viele Einwohner!

Es gibt Clubmeisterschaften und Provinzauswahlen ab dem Alter von 12 Jahren. Die sind unterteilt in drei Stufen, ABC. Wir Trainer der Nationalmannschaftsjugenden gehen zu den Turnieren der drei Klassen und schauen uns die Spieler für das Scouting direkt an. Wenn wir nicht dabei sein können, was im Inland durchaus vorkommen kann, haben wir Kontaktpersonen die uns Spieler vorschlagen. Das klappt auch sehr gut.

Ein großer Schritt war auch die Zentralisierung der einzelnen Provinzen, das heißt, wir haben die Zonen vergrößert und somit mehr Kinder in weniger Mannschaften. Diese brauchen weniger Ressourcen und so können wir auch effektiver arbeiten.

Letzte Frage: Wie siehst du den argentinischen Handball im Vergleich zum deutschen?

Ich finde das kann man nicht vergleichen. Deutschland und Frankreich haben die besten Ligen der Welt, die besten Möglichkeiten Spieler zu entwickeln und viel mehr Publicity und vor allem Handballjugendspieler. Wir trainieren auf Amateurniveau und sind immer das Gegenteil. Aber wir werden sehen, wohin und wie sich der Handball langfristig in Argentinien entwickelt.

Vielen Dank für das Interview Señor Daddy!

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